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Zentrales Informationsportal über Seltene Erkrankungen

Selbsthilfe bei Seltenen Erkrankungen: Welchen Stellenwert hat sie in der Versorgung?

Menschen sitzen in einem Kreis zusammen und reden.

© iStock.com/ SeventyFour

Berlin, 13. Februar 2025 – Selbsthilfegruppen können für Menschen mit Seltenen Erkrankungen eine wichtige Stütze bei der Krankheitsbewältigung bilden und die ärztliche Versorgung sinnvoll ergänzen. Lesen Sie auf dieser Seite, wie die Leistungen der Selbsthilfe die Arbeit von Ärztinnen und Ärzten unterstützt.

Was leistet Selbsthilfe für Menschen mit Seltenen Erkrankungen?

Selbsthilfevereinigungen und -organisationen bieten als vierte Säule des Gesundheitswesens vielen Erkrankten eine wichtige Stütze. Im Bereich der Seltenen Erkrankungen (SE) kann die Selbsthilfe einen besonders hohen Stellenwert einnehmen.

  • Aufbrechen der krankheitsbedingten Isolation
  • Wissensvermittlung und Aufklärungsarbeit
  • Empowerment

Welchen Nutzen sehen Menschen mit SE in Selbsthilfegruppen?

In einem Review von 2017 beschreiben Menschen mit SE folgende Vorteile von Selbsthilfegruppen:

  • Andere Betroffene kennenlernen und Freundschaften bilden mit Menschen, die an derselben SE leiden und ähnliche Erfahrungen gemacht haben
  • Informationen über ihre Krankheiten und mögliche Behandlungen erhalten
  • Emotionale Unterstützung geben und empfangen
  • An einem sicheren Ort offen über SE und Gefühle sprechen
  • Bewältigungsstrategien lernen
  • Einen Sinn für Eigenverantwortlichkeit, Kompetenz und Hoffnung entwickeln
  • Sich für eine bessere Gesundheitsversorgung für andere Betroffene mit SE einsetzen 

Seltene Erkrankungen: Wie kann mich eine Selbsthilfegruppe unterstützen?

Wer eine Seltene Erkrankung hat, kann sich mitunter im Stich gelassen fühlen: Das Versorgungssystem ist kompliziert, es gibt wenige verlässliche Informationen und wenige Erfahrungswerte im alltäglichen Umgang mit der Erkrankung. Deshalb schließen sich Menschen mit Seltenen Erkrankungen häufig in Selbsthilfegruppen zusammen. Dieser Austausch kann helfen, sich gegenseitig zu unterstützen, zu vernetzen, sich Trost und Hoffnung zu spenden oder gemeinsam etwas zu unternehmen.
Selbsthilfeorganisationen setzen sich auch für eine bessere Versorgung, mehr Unterstützungsangebote und eine stärkere Wahrnehmung in der Öffentlichkeit ein. Dafür haben sich in Deutschland über 100 Selbsthilfegruppen zur Allianz Chronischer Seltenen Erkrankungen, ACHSE, zusammengeschlossen.
Weil oft nur wenige Menschen von einer bestimmten Seltenen Erkrankung betroffen sind, gibt es entsprechende Selbsthilfegruppen nicht immer direkt vor Ort. Meistens sind sie überregional oder bundesweit organisiert.
Wie sie eine passende Selbsthilfegruppe finden, erfahren Sie auf dem Zentralen Informationsportal über Seltene Erkrankungen.
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Wie kann Selbsthilfe die Patientenbetreuung ergänzen?

Der Besuch einer Selbsthilfegruppe kann Ärzte und Ärztinnen in der Versorgung von Menschen mit SE unterstützen.

  • Verbesserung der Laienkompetenz
  • Verbesserte Kommunikation und Adhärenz
  • Emotionale Unterstützung
  • Austausch von Erfahrungswissen

Wie kann meine ärztliche Tätigkeit vom Austausch mit einer Selbsthilfegruppe profitieren?

Selbsthilfegruppen entlasten die ärztliche Tätigkeit, indem sie alltagsbezogene Fragen und Bedürfnisse von Menschen mit SE beantworten und emotional auffangen. So bleibt in der ärztlichen Sprechstunde mehr Zeit für die medizinische Betreuung.

Viele Selbsthilfegruppen aus dem Gesundheitsbereich kooperieren direkt mit Ärzten und Ärztinnen und laden sie z. B. zum Informationsaustausch in Gruppensitzungen ein. Die Selbsthilfegruppen gewinnen dadurch einen Ansprechpartner für medizinische Fragen. Ärztinnen und Ärzte können im Gegenzug durch den Austausch mit einer Selbsthilfegruppe wichtige Informationen zu alltagsrelevanten Einschränkungen, dem Krankheitsverlauf und individuellen Coping-Strategien der Patientinnen und Patienten erhalten. Viele Selbsthilfegruppen sammeln aktuelle und umfassende Informationen zur jeweiligen Erkrankung und stellen sie (allen Interessierten) zur Verfügung. Diese Informationen können auch von Ärzten und Ärztinnen genutzt werden, um sich gezielt über neue Erkenntnisse zur jeweiligen Erkrankung zu informieren und diese in das eigene therapeutische Handeln einfließen zu lassen oder um sie an ihre Patienten weiterzugeben. Für Ärzte und Ärztinnen entfallen damit aufwendige Recherchen. Die Gewichtung der Informationen durch die Selbsthilfegruppe vermittelt außerdem ein gutes Bild davon, welche Aspekte der SE für Patienten im Alltag die größte Relevanz haben.

Durch den Austausch mit einer Selbsthilfegruppe erlangen Ärzte einen Einblick in die Lebenswelt von Betroffenen mit ihren Alltagsproblemen und Bewältigungsstrategien. Dies kann das Verständnis für die Sorgen, Ängste und Bedürfnisse von Patienten positiv beeinflussen. Ärzte sind so zum Beispiel leichter in der Lage einzuordnen, welche Krankheitsaspekte für die Patienten besonders zentral sind, sodass sie in der Sprechstunde gezielt danach fragen können. Zudem können Ärzte in Selbsthilfegruppen auch authentische Rückmeldungen zu diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen erhalten, um Aufschluss über die Akzeptanz von Therapien zu gewinnen.

Durch die Zusammenarbeit mit Selbsthilfegruppen erweitern Ärzte und Ärztinnen zudem ihr Netzwerk und lernen von anderen Experten, die mit bestimmten Krankheitsbildern vertraut sind. Dies mag vor allem bei seltenen oder auch komplexen Erkrankungen eine Hilfestellung bieten.

Diese Information wurde erstellt von: Anne Engler, Johanna Lindner, Jochen Randig, Lisa-Marie Ströhlein (alle Stiftung Gesundheitswissen).

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