Berlin, 11. Mai 2023 – Wer noch nie mit Seltenen Erkrankungen in Berührung gekommen ist, kann sich darunter meist wenig vorstellen. Wir haben einige Beispiele für Seltene Erkrankungen zusammengestellt.
In Europa gilt eine Erkrankung als selten, wenn nicht mehr als 5 von 10.000 Menschen daran erkrankt sind. Experten und Expertinnen schätzen, dass es bis zu 10.000 Seltene Erkrankungen gibt. Jede von ihnen führt zu anderen Beschwerden oder Folgen. Die folgenden Beispiele zeigen, wie vielfältig Seltene Erkrankungen sind.
Wie lassen sich Seltene Erkrankungen einteilen?
Rund 70 Prozent aller Seltenen Erkrankungen haben eine genetische Ursache. Seltene Erkrankungen können aber auch durch Krankheitserreger entstehen. Es gibt außerdem Seltene Erkrankungen der Immunabwehr und seltene Krebserkrankungen. Bei vielen Seltenen Erkrankungen ist die Ursache unbekannt.
Seltene Erkrankungen mit genetischen Ursachen
Der Großteil der Seltenen Erkrankungen ist genetisch bedingt. Die Erkrankungen werden durch Veränderungen im Erbgut verursacht. Manchmal kann schon eine kleine Veränderung in einzelnen Genen schwere Folgen für den Körper haben. Ein Beispiel dafür ist die juvenile Absence-Epilepsie. Bei anderen Erkrankungen liegen größere Abweichungen des Erbguts vor, z.B. beim Turner-Syndrom.
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Juvenile Absence-Epilepsie
Bei einer Epilepsie sind Teile des Gehirns übermäßig erregbar. Es gibt verschiedene Formen der Epilepsie, die sich sehr unterschiedlich äußern können.
Die juvenile Absence-Epilepsie ist eine besondere Form der Epilepsie. Die genaue Ursache ist nicht bekannt. Es wird vermutet, dass Veränderungen in bestimmten Genen dafür verantwortlich sind. Meistens treten die ersten Beschwerden bei Kindern zwischen 9 und 13 Jahren in Form von Absencen auf. Unter Absence versteht man einen kurzen plötzlichen Abwesenheitszustand: Die Betroffenen sind zwar bei Bewusstsein, aber nicht mehr ansprechbar.
Kinder mit Absence-Epilepsie können sich geistig normal entwickeln. Mithilfe von Medikamenten können die Absencen und Krampfanfälle verringert oder vermieden werden.
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Turner-Syndrom
Unser Erbgut befindet sich im Kern unserer Körperzellen in Form von sogenannten Chromosomen. Jede Zelle verfügt über 46 Chromosomen. Zwei davon sind Geschlechts-Chromosomen, die als X- und Y-Chromosomen bezeichnet werden. Sie bestimmen, ob der Mensch sich körperlich zum Mann oder zur Frau entwickelt. Eine Frau besitzt zwei X-Chromosomen. Männer hingegen haben ein X- und ein Y-Chromosom.
Allerdings wird nicht jeder Mensch mit zwei Geschlechtschromosomen geboren. Ein Beispiel dafür sind Frauen mit Turner-Syndrom. Bei ihnen fehlt ein X-Chromosom oder das zweite X-Chromosom ist sehr stark verändert. Das Fehlen des Chromosoms kann sich bei betroffenen Menschen z. B. folgendermaßen zeigen:
- Kleinwuchs
- Pubertät setzt verzögert ein
- Unfruchtbarkeit
- Angeborene Fehlbildungen des Herzens
- Hormonelle Erkrankungen, z. B. Diabetes Typ 1 und 2, Knochenschwund, Autoimmunerkrankungen
Im Durchschnitt sind die Betroffenen 15 Jahre alt, wenn sie die Diagnose Turner-Syndrom erhalten. Dementsprechend spät beginnt auch erst die Behandlung. Je nach Alter und Ausprägung der Erkrankung kommen z. B. Wachstums-Hormone oder weibliche Geschlechts-Hormone als Therapie infrage.
Seltene Infektionskrankheiten
Infektionskrankheiten werden durch Krankheitserreger verursacht, die in den Körper eindringen und sich dort ausbreiten, z. B. Bakterien, Viren oder Pilze. Neben den bekannten Erregern, wie z. B. Grippe- oder Erkältungsviren, gibt es auch Erreger, die hierzulande eher selten vorkommen.
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Lepra
Lepra ist eine der ältesten Erkrankungen, die wir kennen. Sie wird durch ein Bakterium namens Mycobacterium leprae ausgelöst. Unbehandelt kann Lepra zu schweren Schäden an Haut, Augen und Nerven führen. Bei schwerem Verlauf kann sie auch Verstümmelungen an den Händen und Füßen der Erkrankten verursachen. Im Mittelalter war Lepra eine sehr verbreitete Erkrankung. Man kannte sie damals auch als „Aussatz“. Heutzutage kommt Lepra kaum noch vor. In Deutschland wurde im Jahr 2019 ein Fall von Lepra gemeldet, im Jahr 2020 gar keiner. 95 Prozent der Neuerkrankungen treten heute in Ländern des globalen Südens auf. Die ersten Symptome der Erkrankung zeigen sich häufig erst mehrere Jahre nach der Ansteckung. Das kann es schwierig machen, eine Lepra-Erkrankung zu erkennen.
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Tetanus
Fast alle Kinder in Deutschland bekommen eine Impfung gegen Tetanus. Deswegen kommt die Erkrankung Tetanus in Deutschland so gut wie gar nicht mehr vor. Sie wird durch ein Bakterium namens Clostridium tetani verursacht, das hauptsächlich in der Erde vorkommt. Über eine Wunde kann das Bakterium in den Körper gelangen. Die Krankheit bricht dann in der Regel einige Tage bis wenige Wochen später aus. Erste Anzeichen sind z. B. ein Kribbeln im Bereich der Wunde. In den nächsten Tagen kommen Muskelkrämpfe hinzu. Tetanus kann zu starken Krämpfen in der Brust und am Kehlkopf führen. Diese können die Atmung behindern, sodass die Erkrankten ersticken. Trotz Behandlung versterben zehn bis 20 Prozent der Betroffenen.
Seltene Erkrankungen der Immunabwehr
Das Immunsystem beschützt den Körper vor Krankheitserregern und schädlichen Stoffen. Bei manchen Menschen ist die natürliche Funktion des Immunsystems gestört, sodass die Abwehrkräfte sich gegen den eigenen Körper richten. Solche Störungen nennt man Autoimmunerkrankungen.
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Myasthenia gravis
Bei Myasthenia gravis richten sich bestimmte Abwehrstoffe des Immunsystems gegen die Verbindungstellen zwischen Nerven und Muskulatur. Dadurch können die Muskelzellen keine Signale mehr vom Nervensystem empfangen. Die Muskulatur der Erkrankten ermüdet schnell und erholt sich durch Ruhe wieder. Häufig sind Muskelgruppen der Augen betroffen. Man erkennt es daran, dass die Augen der Erkrankten nicht gleich weit geöffnet sind. Von den Augen aus kann sich die Erkrankung dann auf weitere Muskelgruppen übertragen.
Frauen erkranken etwas häufiger als Männer. Sie erkranken in der Regel auch früher, häufig zwischen 20 und 39 Jahren. Bei Männern tritt diese Seltene Erkrankung häufig erst zwischen 50 und 70 Jahren auf. Myasthenia gravis kann mit Medikamenten behandelt werden. Der Großteil der Erkrankten kann damit ein normales Leben führen.
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CIDP: Chronisch inflammatorisch demyelinisierende Polyneuropathie
Nerven leiten über elektrische Signale Informationen im Körper weiter. Ähnlich wie Stromkabel sind sie von einer isolierenden Schicht umgeben: der Myelinscheide. Bei CIDP greift das Immunsystem diese Isolierschicht an. Dies stört die Übertragung der elektrischen Signale.
Menschen mit CIDP fühlen sich häufig schwach und müde. Sie haben wenig Gefühl in den Armen und Beinen. Diese Einschränkungen kann es den Erkrankten schwer machen, am normalen Leben teilzuhaben. Die Erkrankung kann in Schüben auftreten oder allmählich fortschreiten. Es gibt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten bei CIDP. Die Wahl der Therapie richtet sich nach der Situation des erkrankten Menschen.
Seltene Krebserkrankungen
Krebs entsteht, wenn einzelne Zellen sich verändern. Sie erfüllen dann nicht mehr ihre eigentliche Aufgabe, sondern vermehren sich unkontrolliert und können in gesundes Gewebe einwachsen. Es kann dazu kommen, dass die betroffenen Organe dann nicht mehr richtig funktionieren. Krebs kann überall im Körper entstehen. Einige Krebsarten kommen allerdings nur selten vor.
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Non-Hodgkin-Lymphome
Non-Hodgkin-Lymphome sind eine Gruppe von Krebserkrankungen, die von den Zellen des Lymphsystems ausgehen. Am häufigsten kommen sie in den Lymphknoten vor. In den Lymphknoten befinden sich viele Abwehrzellen, die dem Körper helfen, Krankheiten zu bekämpfen. Non-Hodgkin-Lymphome können sich überall bilden, wo sich Lymphgewebe befindet – also im ganzen Körper. Über die Lymphgefäße können sich Krebszellen aus den Lymphknoten in andere Organe ausbreiten und dort Metastasen – also neue Krebsherde – bilden.
Im Mittel sind Frauen 72 Jahre und Männer 70 Jahre alt, wenn sie die Diagnose Non-Hodgkin-Lymphom erhalten.
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Glioblastom
Ein Glioblastom ist ein seltener bösartiger Gehirntumor. Er entsteht aus bestimmten Gehirnzellen, die man Gliazellen nennt. Ihre Aufgabe ist es, die Nervenzellen des Gehirns mit Nährstoffen zu versorgen und bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Je nachdem, aus welchen Gliazellen sich der Tumor formt und wo er wächst, kann er sehr unterschiedliche Beschwerden verursachen. Dazu gehören Krampfanfälle, Übelkeit, Erbrechen oder Kopfschmerzen. Auch die Persönlichkeit kann sich durch den Tumor verändern. Glioblastome sind in den seltensten Fällen heilbar. Sie können mithilfe einer Operation, Strahlen- und Chemotherapie behandelt werden. Nach der Behandlung kann der Tumor erneut auftreten.
Diese Information wurde erstellt von: Pia Gamradt, Johanna Lindner, Lisa-Marie Ströhlein (alle Stiftung Gesundheitswissen)
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Quellen
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Aktualität der Informationen
Dieser Text wurde ursprünglich am 11. Mai 2023 erstellt und wird in regelmäßigen Abständen aktualisiert. Nächste geplante Aktualisierung: Mai 2028.
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