Direkt zum Inhalt

Zentrales Informationsportal über Seltene Erkrankungen

Wie helfen Referenznetzwerke bei Seltenen Erkrankungen?

Ein Arzt recherchiert am Laptop.

© istock.com/ ronstik

Berlin, aktualisiert am 20. Februar 2025 – Die passenden Versorgungsangebote für Menschen mit Seltenen Erkrankungen zu finden, ist oft nicht einfach. Versorger benötigen Unterstützung und Vernetzung, um Menschen mit Seltenen Erkrankungen angemessen zu untersuchen und zu behandeln. Hier kommen Referenznetzwerke ins Spiel: Sie vernetzen Gesundheitsdienstleister aus ganz Europa miteinander und tragen so zur Vermittlung von Versorgungsangeboten bei.

Was sind Referenznetzwerke?

Referenznetzwerke (RN) sind virtuelle Netzwerke, die sich aus Anbietern von Gesundheitsdienstleistern zusammensetzen. Diese Anbieter bündeln ihr Wissen im Bereich der Seltenen Erkrankungen um Betroffenen einen besseren und leichteren Zugang zu Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten zu vermitteln. Es gibt RN auf nationaler und europäischer Ebene.

Europäische Referenznetzwerke (ERN)

ERN operieren über die eigenen Landesgrenzen hinweg. So wird ein schnellerer Wissensaustausch ermöglicht, der für Menschen mit Seltenen Erkrankungen lebensrettend sein kann.

ERN sind aber nicht nur Plattformen für den Wissensaustausch, sondern auch für die Entwicklung von Leitlinien, Standards und Informationsmaterial sowie Weiterbildungs- und Schulungsangeboten für medizinische Fachpersonen. Auch die Einrichtung von Registern oder das Unterstützen von klinischen Studien gehört zu den Aufgaben der ERN.

Wie funktionieren ERN im Einzelfall?

Patienten und Patientinnen haben keinen Zugang zu ERN. Mit ihrer Zustimmung können Ärzte und Ärztinnen den Fall dem zuständigen ERN-Mitglied im eigenen Land vorlegen, z. B. um eine Diagnose oder Behandlung prüfen zu lassen.  Das zuständige ERN-Mitglied kann dafür die anderen Mitglieder des Netzwerks aktivieren. Der Austausch findet über eine spezielle IT-Plattform und mithilfe von Telemedizin-Tools statt. Koordinatoren und andere leitende Netzwerkmitglieder organisieren die „virtuellen“ Beratungsgremien von Fachleuten unterschiedlicher Disziplinen. Namen und Kontaktdaten eines passenden ERN sowie der ERN-Kliniken lassen sich auf der Webseite der Europäischen Kommission über die Geo-Suchfunktion finden. 

Wie arbeiten Referenznetzwerke zusammen?

Alle Netzwerke zu Seltenen Erkrankung haben das Ziel, eine Verbesserung der Versorgung für die Menschen mit Seltenen Erkrankungen zu erreichen. Wie dabei die sogenannten Referenznetzwerke zusammenarbeiten, erklärt Prof. Corinna Grasemann, Leiterin vom Centrum für Seltene Erkrankungen Ruhr, im Video.

Seltene Erkrankungen: Wie arbeiten Referenznetzwerke zusammen?

Was sind Referenznetzwerke für Seltene Erkrankungen und was sind ihre Aufgaben?

Auf europäischer Ebene gibt es die sogenannten europäischen Referenznetzwerke.
Da gibt es 24 unterschiedliche Netzwerke, die jeweils krankheitsspezifisch eine bestimmte Gruppe Seltener Erkrankungen abbilden und die Expertinnen und Experten in ihren Zentren miteinander verbinden. In Deutschland werden die sogenannten Deutschen Referenznetzwerke etabliert seit ein bis zwei Jahren, und es gibt noch nicht für jedes europäische Referenznetzwerk auch das Abbild eines Deutschen Referenznetzwerks, aber das sind Strukturen, die in Entwicklung und im Entstehen sind.
Alle Netzwerke zu Seltenen Erkrankung haben das Ziel, eine Verbesserung der Versorgung für die Menschen mit Seltenen Erkrankungen zu erreichen und das heißt, es geht immer darum, klinische Prozesse zu verbessern, Fallkonferenzen gemeinsam zu machen, Patientenpfade zu entwickeln, Leitlinien für bestimmte Erkrankungen, Erkrankungsgruppen voranzubringen und Information für Patientinnen und Patienten und für die Kolleginnen und Kollegen möglichst niedrigschwellig anzubieten und zu entwickeln.

Wie findet die Zusammenarbeit innerhalb eines Referenznetzwerks konkret statt?

Die Referenznetzwerke tauschen sich regelmäßig aus. Es gibt regelmäßige Treffen und eines der Kernaspekte der Referenznetzwerke sind z.B. Fallkonferenzen, in die Patienten angemeldet werden können durch die jeweiligen Expertinnen und Experten, wenn man nicht mehr weiterkommt, wenn man denkt, man braucht die Expertise, die europäische Expertise der anderen Kolleginnen und Kollegen. Das ist, denke ich, ein direkter Benefit auch für die Patienten, dass es jetzt einen strukturierten Weg gibt, wie diese Fälle präsentiert, besprochen und auch dokumentiert werden, so dass das Ergebnis dann zur Verfügung gestellt werden kann.

Stehen verschiedene Referenznetzwerke untereinander im Austausch?

Die unterschiedlichen Netzwerke stehen auch miteinander in Verbindung. Zum einen gibt es z.B. in Deutschland die Nationale Konferenz zu Seltenen Erkrankungen, wo sich die Vertreterinnen und Vertreter auch gemeinsam mit der Selbsthilfe treffen und austauschen .Zum anderen gibt es auch auf der ganz praktischen Ebene einen Austausch unter den Netzwerken, wenn z.B. der Fall, der vorgestellt wird, sowohl eine hormonelle als auch eine nephrologische Expertise benötigt, dann können Expertinnen und Experten aus beiden Netzwerken eingeladen werden in die Fallkonferenz und gemeinsam diskutieren, was jetzt die besten weiteren Schritte wären.

Wie ist der Zugang zu einem Referenznetzwerk für Ärztinnen und Ärzte geregelt?

Die deutschen Referenznetzwerke befinden sich zum Teil noch im Aufbau und sind in sehr unterschiedlichem Ausmaß schon direkt kontaktierbar.
Sie finden die Informationen aber üblicherweise im Netz oder bei ihrem jeweiligen Zentrum für seltene Erkrankungen, die sie auch weiter verweisen können, wenn da Interesse dran besteht. Der Zugang zu diesen Netzwerken ist einfach und informell, da kann üblicherweise einfach eine E-Mail an die koordinierenden Kolleginnen und Kollegen geschrieben werden, wenn Rat oder Information benötigt werden.
Der Zugang zu den europäischen Referenznetzwerken ist letztlich denjenigen Zentren und Vertretern vorbehalten, die in diese Netzwerke aufgenommen worden sind. Das heißt. da geht der Weg aus der Niederlassung nur über ein Zentrum, das Mitglied in diesem europäischen Referenznetzwerk ist.

Seit wann gibt es ERN?

Die Errichtung von ERN hat die Europäischen Union in Artikel 12 der Richtlinie Patientenmobilität der (2011/24/EU) festgelegt. Im Jahr 2016 forderte die Europäische Kommission dazu auf, Vorschläge für mögliche Netzwerke einzureichen. Insgesamt wurden 24 Netzwerkanträge gestellt, an denen sich 370 Krankenhäuser aus 26 (25 EU-Staaten und Norwegen) beteiligt haben. Das Gremium der Mitgliedstaaten stimmte der Einrichtung dieser 24 Europäischen Referenznetzwerke zu. 2017 wurden die ersten ERN eingerichtet.

Welche Voraussetzungen müssen ERN erfüllen?

Um von der Europäischen Kommission anerkannt zu werden, müssen die ERN verschiedene Vorgaben erfüllen. So muss jedes ERN aus wenigstens zehn Gesundheitsdienstleistern bestehen, die aus mindestens acht verschiedenen EU-Mitgliedsländern kommen. Das Land, in dem der jeweilige Dienstleister ansässig ist, muss bestätigen, dass es sich um einen Gesundheitsdienstleister handelt.

Die Mitglieder eines Netzwerks müssen Erfahrungen mit bestimmten Erkrankungen oder Behandlungsmethoden oder in bestimmten Fachbereichen vorweisen können.

Welche ERN gibt es?

Insgesamt gibt es 24 verschiedene ERN. Jedes ERN steht dabei für bestimmte Krankheitsgruppen. Die Netzwerkkoordination liegt je nach ERN in einem der Mitgliedsländer bei einer Institution. Auf der Internetseite der Europäischen Kommission ist eine Liste der zugelassenen ERN zu finden.

Europäische Referenznetzwerke im Überblick

Hier finden Sie eine Liste der Europäischen Referenznetzwerke für Seltene Erkrankungen.

Was sind deutsche Referenznetzwerke (DRN) für Seltene Erkrankungen?

Deutsche Referenznetzwerke sind nationale Referenznetzwerke für Seltene Erkrankungen, die sich in Anlehnung an die Europäischen Referenznetzwerke (ERN) gebildet haben. Die DRN stehen in einem engen Austausch mit den ERN und haben eine Schnittstellenfunktion inne. Zurzeit gibt es noch nicht für jedes ERN ein entsprechendes deutsches Pendant.

DRNs sind in unterschiedliche Erkrankungsgruppen gegliedert, in denen Zentren für Seltene Erkrankungen, Selbsthilfeorganisationen und andere Fachleute zusammenarbeiten. Die Aufgaben der DRN sind vielfältig und etwas abhängig von dem jeweiligen DRN. Sie haben einen koordinierenden Charakter und übernehmen daher beispielsweise die Planung von Netzwerktreffen, Aus- und Fortbildungsangebote sowie die Ausgestaltung von Versorgungsregistern.

Weitere Informationen und Kontakt zu den Netzwerken bietet die Webseite des se-Atlas.

Welche DRN gibt es?

Im se-atlas sind die folgenden DRN abgebildet:

Diese Information wurde erstellt von: Dr. Pia Gamradt, Johanna Lindner, Jochen Randig, Lisa-Marie Ströhlein (alle Stiftung Gesundheitswissen).